Bevor sich das Familienunternehmen DHAKHWA 1990 auf das traditionell in Handarbeit hergestellte Loktapapier und daraus weiterverarbeitete Geschenkverpackungen und Dekorationen spezialisierte, vertrieb das Ehepaar Padma und Nina Dhakhwa nepalesische Kunsthandwerksprodukte, wie Statuen und Ornamente. 1972 gründeten sie das Unternehmen in Patan (auch Lalitpur genannt), der drittgrößten Stadt Nepals.
Heute wird das Geschäft von den Kindern, Tochter Namrata und Bruder Prasen, geführt, unterstützt durch die Ehepartner der beiden. In der Hauptwerkstatt sind 40 Mitarbeiter beschäftigt. Sie sind zuständig für Produktentwicklung, Organisation der Produktion, Marketing, Administration, Qualitätskontrolle und Export.
Der Familienbetrieb arbeitet mit ca. 14 eigenständig organisierten Werkstätten in den Dörfern und Städten im Kathmandu-Tal zusammen. Dort sind zu 90% Frauen beschäftigt. Sie arbeiten in der Papierherstellung, Papierfärbung, Veredelung der Papierbögen durch Siebdruck und Batiktechnik. Weitere Gruppen verarbeiten die Papiere zu Notizbüchern, Grußkarten, Lampenschirmen und Girlanden (insgesamt sieben Gruppen). In Summe sind in allen Werkstätten, je nach Auftragslage, bis zu 300 Menschen beschäftigt. Die Zusammenarbeit mit einigen Gruppen besteht schon seit über 15 Jahren.
In den vergangenen Jahren mussten die DHAKHWAS ihre Produktpalette dem sich ändernden Markt anpassen: Der Verkauf von Notizbüchern und Heften ist stark zurückgegangen. Neue Produkte aus den Bereichen Dekoration und Verpackung sind im Kommen: Fächer, Girlanden, Tüten, Geschenkbögen, Lampenschirme. Auch die Verarbeitung von Wollfilz zu Girlanden, Mobiles und anderen Raumdekorationen ist mittlerweile Bestandteil des Produktportfolios.
Einen offiziellen Mindestlohn in Nepal gibt es derzeit nur für Industriearbeiter. Dieser beträgt 17.300 Nepalesische Rupien (NPR) pro Monat (Stand 2023). Im (Kunst-) Handwerksbereich kursieren verschiedene Zahlen, auch je nach Region gibt es unterschiedliche Angaben, was Arbeiter/innen mindestens verdienen.
Die Gehälter der festangestellten Mitarbeiter bei DHAKHWA sind abhängig vom Verantwortungsbereich und bestehen aus einem Basislohn und Zuschlägen. Zusätzliches Einkommen können die Mitarbeiter mit dem Nähen von Papiergirlanden in Heimarbeit verdienen, Verwandte und Nachbarn werden mit einbezogen. Hier wird pro Stück abgerechnet. Je nach Auftragslage und zeitlichem Engagement können bis zu 10.000 Rupien dazuverdient werden. Zu den hohen nepalesischen Feiertagen (Dashain und Tihar) gibt es zudem eine Einmalzahlung als Bonus.
Die monatlichen Gehälter werden auf die Bankkonten der Mitarbeiter ausgezahlt. DHAKHWA erfüllt damit die gesetzliche Vorgabe, die zum Januar 2019 verpflichtend für alle nepalesischen Unternehmen eingeführt wurde. Neben der guten und zuverlässigen Entlohnung erhalten die Beschäftigten bezahlte Urlaubstage und können im Bedarfsfall, z.B. bei familiären Notsituationen oder bei Krankheit, auf finanzielle Unterstützung hoffen. Darüber hinaus vergibt der Betrieb zinsfreie Darlehen für den Hausbau.
Doch ihre Mitarbeiter sollen nicht nur finanziell abgesichert sein, die DHKAHWAS legen großen Wert auf eine angenehme Arbeitsatmosphäre. Zur Stärkung des Zusammenhalts werden Mitarbeiterausflüge, z.B. am 1. Mai-Feiertag (Tag der Arbeit), organisiert. Gute Fortbildungsangebote für die Mitarbeiter sorgen für ein stabiles Team und geringe Fluktuation.
Seit jeher beteiligen sich die DHAKWAS an Projekten in ihrem Stadtviertel, z.B. bei der Einrichtung einer Krankenstation, die alle Anwohner für geringe Beiträge medizinisch versorgt. Ärzte stellen hierfür ihren freien Tag ohne Entgeld zur Verfügung. Gebäude- und Materialkosten übernehmen die Unternehmen der Stadt. Darüber werden auch die tägliche Versorgung mit Trinkwasser durch eine Wasserreinigungsanlage und die Instandhaltung eines Jugendzentrums finanziert.
Als Ende April 2015 ein starkes Erdbeben Nepal heimsuchte, versorgte DHAKHWA nicht nur seine betroffenen Werkstätten mit allem Lebenswichtigen wie Nahrung, Trinkwasser, Medizin und Zelten, sondern verteilte auch Hilfsgüter an Krankenhäuser in ihrer Gemeinde und im Buddhistischen Kloster.
Während der Corona-Pandemie (2020-2022) mit mehreren Phasen des Lockdowns und strikten Ausgangsbeschränkungen verließen viele Handwerker Kathmandu und zogen zu ihren Familien auf die Dörfer. Der innerstädtische Verkehr wurde lahm gelegt und Materialien und Waren konnten nicht mehr transportiert werden. Ein geregeltes Arbeiten war monatelang nicht möglich. Große finanzielle Sorgen kamen hinzu: Viele Nepalesen arbeiten im Ausland. Sie verloren durch Corona ihre Jobs und konnten nichts mehr in ihre Heimat überweisen. Auch die Beschäftigung im Tourismus, für Nepal einer der wichtigsten Wirtschaftssektoren, war komplett zusammengebrochen.
Aus dem CONTIGO-Coronafonds konnten die Mitarbeiter bei DHAKHWA im Jahr 2020 mit 2.000 € als Hilfe zum Lebensunterhalt unterstützt werden. Die von CONTIGO vorgezogenen Bestellungen halfen in dieser Zeit sehr und wurden überwiegend in Heimarbeit organisiert. Trotz aller Widrigkeiten wurde DHAKHWA im Herbst 2021 als „Exporter of the Year“ ausgezeichnet.
Die Lokta-/ Seidelbastfasern stammen vom Daphne Baum (bot. Daphne papyracea), der im Nordosten Nepals wächst. Er kann zwischen 15 und 20 Jahre alt werden. In den Dörfern des Himalayas werden die Loktafasern geerntet, gebündelt und auf den Märkten im Kathmandu-Tal verkauft. Die Pflanze bleibt dabei erhalten und regeneriert ihre Rinde wieder. Je nach Witterung entsteht nach 4-6 Jahren eine neue Bastschicht, die geerntet werden kann.
In den Papierwerkstätten im Kathmandu-Tal wird die Loktarinde zunächst eingeweicht, anschließend gekocht und manuell gereinigt. Unter Zugabe von Wasser kommen die Fasern in den Häcksler. Es entsteht ein Faserbrei, der vor der weiteren Bearbeitung 1 bis 2 Stunden trocknet. Beim Handschöpfen des Papiers mischt man Fasern und Wasser je nach gewünschter Papierstärke und gießt das Gemisch in einen Rahmen. Dieser wird in einem Wasserbad geschwenkt, bis sich die Masse gleichmäßig verteilt hat. Der so entstandene Papierbogen muss nun einen halben Tag an der Sonne trocknen. Danach wird er gewalzt, um die Oberfläche zu glätten. Weitere Arbeitsschritte erfolgen in Färbe- und Siebdruckwerkstätten, die sich jeweils auf eine bestimmte Technik spezialisiert haben.
Die Herstellung der Papiere ist recht zeitintensiv, da neben der reinen Produktion z.B. viele Tage für die Trocknung der Papierbögen und der Farben und Muster eingeplant werden müssen. Aus Platzgründen findet sie meist im Freien statt. Das Wetter muss täglich beobachtet werden, denn ein einziger Regenschauer kann eine ganze Charge ruinieren. In der Monsunzeit (ungefähr Juni bis September) mit ihren feucht-nassen Phasen sollte die Papierproduktion abgeschlossen sein, um Feuchtigkeit und infolgedessen Schimmel etc. im Naturmaterial zu verhindern.
Seit 2006 vertreibt CONTIGO die Papierwaren von Dhakhwa:
Neu in diesem Jahr ist die Kollektion MIT BLÜTEN: In den Lokta-Faserbrei werden lokal verfügbare Blüten und Blätter von Hand eingelegt. Das Papier erhält so eine interessante strukturierte Oberfläche, jeder Bogen ist ein Unikat. Die hierfür benötigten Blüten (z.B. der Drillingsblume, Ringelblume, Marigold) und Blätter des Amla Baums, die ähnlich wie Farn aussehen, werden im Frühjahr gesammelt und getrocknet.