Endlich, nach Wochen, ist es uns gelungen mehr über die aktuelle Lage bei unserem Handelspartner Papital zu erfahren. Seit Anbeginn der Proteste erschwert die Regierung die Kommunikation durch die Sperrung des Internets im Iran.
Die gute Nachricht zuerst: „Allen im Team Papital geht es gut. Niemand ist direkt von den Protesten und den Kämpfen auf den Straßen betroffen“, erzählt uns Yunes von Papital.
Seit Monaten versucht die Regierung des Irans die aktuellen Proteste vor Ort mit Gewalt zu unterdrücken. Bereits in den ersten Wochen sollen nach verschiedenen Schätzungen hunderte Menschen getötet worden sein. Neben Angriffen auf den Straßen, wurden auch weite Teile des Internets gesperrt. Apps wie Skype, Whatsapp oder Instagram wurden flächendeckend im ganzen Land blockiert.
Die Sperrung von Instagram hat große und weitreichende Auswirkungen. Die Plattform gilt nicht nur als Mittel zur Kommunikation, auch viele kleine Unternehmen, wie Papital, nutzen sie, um ihre Waren lokal zu verkaufen. Schätzungsweise 2 Millionen kleine Unternehmen sind direkt betroffen, ca. 70% davon werden von Frauen geführt. Sie alle haben durch die Blockade schon seit mehr als 50 Tagen keine Möglichkeit mehr ihr Einkommen zu verdienen.
„Wir persönlich kennen viele kleine Handwerksbetriebe, die ihr Geschäft aufgegeben haben, für das sie so hart gearbeitet haben“, so Yunes. Die Sperrung von Instagram steht auch im Land unter Kritik, da sie den schwächsten Teil der Bevölkerung und vor allen den Frauen die Lebensgrundlage entzieht. Denn es sind genau diese Frauen, die dann aus Gründen von Hunger und Existenzängsten auf die Straßen gehen.
Auch Papital hat seinen gesamten Online-Verkauf im Iran eingestellt und arbeitet nur noch an den Bestellungen von CONTIGO.
Unsere Aufgabe ist es nun, Papital so gut wie möglich zu unterstützen und ihnen durch den Verkauf ihres handgefertigten Fliesenschmucks in Deutschland weiterhin Einkommen zu sichern. Neben der aktuellen Bestellung ist bereits jetzt die nächste veranlasst.
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Hintergrund / Ursprung der Proteste
Die aktuelle Protestwelle dauert schon seit Mitte September an, ausgelöst durch den Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini. Sie starb am 16. September 2022 in einer Klinik, an den Folgen eines Angriffs durch die Sittenpolizei. Sie nahm die junge Frau aufgrund eines angeblich nicht korrekt sitzenden Kopftuchs fest.
Tagtäglich gibt es neue Meldungen aus dem Iran, die traurig und fassungslos machen: Nachrichten über verhaftete, verletzte oder getötete Menschen. Sie stellen sich dem Regime gegenüber und fordern Freiheit, Gleichberechtigung von Frauen und Männern ein, bis hin zu einem Ende der Diktatur. Oftmals ist in diesem Zusammenhang auch die Rede vom „Beginn einer Revolution“. „Es ist nicht die erste Welle von Protesten und Unruhen im Iran, doch dass die Menschen so lange standhalten und weltweit Solidarität erfahren wird nicht folgenlos bleiben.“ So Yunes.
„WOMAN. LIFE. FREEDOM.“ oder: der Beginn einer Revolution?
Im Zuge der aktuelle Proteste bildete sich eine neue sozialen Bewegung, die von der starken Solidarität und Schwesternschaft unter den Frauen geprägt ist: So legen viele Frauen und Mädchen täglich ihre Kopftücher ab, blockieren die Straßen, rufen die Parole „Jin. Jiyan. Azadi.“ #WomanLifeFreedom („Frau. Leben. Freiheit.“), singen und tanzen und fordern die Umstehenden auf, sich ihnen anzuschließen.
Das ist eine neue Herausforderung, an die die Regierung nicht gewöhnt ist: Mit Zehntausenden von Schülerinnen umzugehen, die es sich zur täglichen Routine gemacht haben, auf dem Heimweg nach der Schule zu protestieren und Straßen zu blockieren. Die Proteste werden immer größer und heftiger. Vor allem viele junge Menschen lehnen sich gegen das Regime auf.
Jüngst geht die Regierung sogar mit Artillerie gegen die Demonstrierenden vor, die nicht mehr nur aus jungen Frauen und Männern besteht, sondern denen sich auch die ethnischen Minderheiten angeschlossen haben.
Umso wichtiger sind auch die weltweite Aufmerksamkeit und die Solidarität über die Grenzen des Irans hinaus, die den mutigen Menschen mit ihrer bedeutenden Protestbewegung den Rücken stärkt.
Wir bedanken uns für die offenen, transparenten Worte Papitals und das Vertrauen, diese weiterverwenden zu dürfen.